Meine „Auto-Biografie“

(Gestern, auf Twitter, hatte ich Euch zwar Fotos aus Ligurien versprochen. Aber zuerst musste dieser Post termingerecht raus.)

Lasst mich mal so beginnen: Mein Vater ist bereits bei der Nummer 12 angekommen, ich bin immer noch bei der Nummer eins.

Um was geht’s?

Um Autos. Soll also heissen, dass mein Vater bis heute 12 Wagen gefahren hat; was er auch auf dem Nummernschild verewigen liess. Ich fahre immer noch mein erstes Auto, welches von meiner Mutter als „Rutscherle“ bezeichnet wurde.

Beim Stöbern im Internet bin ich auf diese Blogparade, von Alexander initiiert, gestossen. Ich habe noch nie an einer blogparade teilgenommen,  das Thema hier interessierte mich schon ein bisschen. Nicht, weil ich eine ausgesprochene Autokennerin bin, sondern weil ich einfach nur leidenschaftlich gern Auto fahre, viele Autos gefahren habe (u.a. die von meinem Manne) und weil mein Herz an einem uralten Kleinwagen, an einem Fiat Punto 1.2i cat 3P hängt.

Viele meiner Alltagsgegenstände sind betagt. Das erste Handy bekam ich 2002 und nach mir benutzten es noch die Kinder bis vorheriges Jahr. Da ist mein Laptop, der ist acht und wurde schon gebraucht gekauft. ‚Gudrun‘, so wurde die Spülmaschine getauft, wird im November 13, die erste Waschmaschine ging nach 21 Jahren kaputt, die Mocca ist so alt wie unsere Ehe und der Mann wird diesem Sommer einen runden Geburtstag feiern und der Sohn ist volljährig plus eins.

Und dann gibt es eben ihn, meinen heissgeliebten Fiat aus dem Jahr 1999. ‚Pünktchen‘ nennt er sich und hat sage und schreibe nur etwas mehr als 95.000 Kilometer; Motor(-teile), Schaltung, ein Rückspiegel und Innenausstattung original erhalten. Der Wagen ist kinderleicht zu bedienen, weil pure Fuss- und Handkoordination ausreicht. Silber-metallic-verkratzt, dreitürig und ohne irgendwelche optionals, Assistenzsysteme oder Klimaanlage, bis auf elektrische Fensterheber. Ach, nee,  fast vergaß ich’s, es gibt noch einen herausnehmbaren Kassettenrekorder mit Radio. Und im Winter niedliche Quietschgeräusche, da der arme Kerl nur einen Stellplatz auf dem Hof draussen hat und erst warm laufen muss. Nach den ersten 1500 m kehrt dann Ruhe ein.

Meinen rosa Lappen machte ich Anfang der neunziger Jahre, auf einem Golf. Zu Studienzeiten finanzierte mein Vater meiner Schwester und mir einen Zweitwagen. Die ersten waren ein  grünlicher VW Jetta dunkelblauer Seat Ibiza. Und ich hasste diese Teile: einfaches Blechspielzeug, noch mit Choke. Nie bin ich mit dieser Starterklappe klar gekommen. Es folgte ein Seat Cordoba. Absolut cool, da relativ schnell, knallrot und mit schickem Heckansatz. Dieses Auto war sogar für einige Monate als Dienstwagen des Landes Baden-Württemberg angemeldet, da ich es während eines Praktikums in einem ZfP brauchte, um Fahrten mit und für Patienten zu unternehmen. Ich fühlte mich kompetent und professionell. Ziemlich schnell nach dem Studium zog ich nach Torino, Italien, um und dann hatte ich lange Zeit keinen Wagen. Bis auf einen Dienstwagen einer Sprachschule und die Autos  meines Mannes. In Turin durfte ich also einen Fiat Panda 4×4 eines Sprachinstituts benutzen. Der pure Wahnsinn bei dem Grossstadtverkehr! Es kam mir vor, als ob ich in einer Eierschale mit Autoreifen sitzen würde. Auf der anderen Seite finde ich den neuen Panda 4×4 genial, ein Kleinstwagen mit starker Leistung. Könnte mich interessieren.

Pünktchen ist auf den Namen meines Mannes zugelassen, aber da er ausschliesslich seine Geschäftswagen fährt, gehört der Fiat mir ganz alleine. Weil ich auch die Geschäftswagen fahren darf, zum Beispiel am Wochenende oder im Urlaub (letzten Sommer kamen wir während unserer Osteuropatour auf 7000 km), habe ich folgende Automarken bzw. -modelle kennengelernt; an einzelne technische Ausführungen/Details erinnere ich mich nicht: Renault Megane, Renault Laguna,  zweimal Ford Mondeo (Automatik), dreimal VW Passat, Volvo V 60 (Automatik), zweimal Fiat Freemont (Automatik), Peugeot 5008  (Automatik).

Die liebsten Erinnerungen habe ich an den Megane. Mit dem ‚Karren‘ fuhren wir in einen unseren schönsten Urlaube, nach Rom. Es war so heiss, es gab keine Klimaanlage. Und es war uns so was von egal! Einige Jahre später, fuhr mein Mann  mich mit demselben Auto ins Krankenhaus zur Geburt des ersten Kindes. So wurde der Megane zur allerersten Familienkutsche. Es folgte der Laguna, den bin auch auch noch oft gefahren, er war unser erster, richtig ‚grosser‘ Wagen. Sportlich, schnell, mit praktischen Dimensionen und ansehnlicher Optik. Dann, im Jahr 2005 kam ich auf den Punto, zeitlich gesehen zwischen Kind Nummer zwei und Kind Nummer drei. Die ersten Ausfahrten begrenzten sich auf einen kleinen Radius, waren aber pädagogisch wertvoll, denn ich klapperte all die Spielplätze in Monza ab, die ich sonst zu Fuss nie erreicht hätte bzw. hatte. An die Fords und VW habe ich gar keine spezifischen Erinnerungen. Den Volvo liebte ich. Ich mag generell das Design, wobei ich die früheren, eckigeren Formen, wie bei einem Volvo Polar, bevorzuge. Obwohl der V 60 schon recht voluminös war, war er bestens zu fahren. Leider sass ich oft am Steuer, denn den Volvo besaßen wir,  als mein Mann  länger krank war, ins Krankenhaus musste  und ich ihn öfter begleiten musste. Auf dem Klinikparkplatz stellte ich den Wagen immer in der Reihe ‚f‘ ab, ‚f‘ wie ‚fuck‘. Das entsprach meiner Stimmung. Mit den Freemonts kam der SUV zu uns. Die Freemonts habe ich absolut nicht gemocht. Die waren mir zu sperrig, zu massiv, zu futuristisch. Ich hatte immer das Gefühl, dass mein Körper viel zu klein sei, um dieses Monstrum steuern zu können. Ich hatte Angst, mich ans Lenkrad zu setzen.  Das Armaturenbrett war mir zu unübersichtlich, es hätte ein Flugzeugcockpit sein können. Die ausgefeilte Elektronik erlebte ich lange Zeit als ‚Komplikation‘, als Ablenkung, nicht als Unterstützung. Jedoch erlaubte der Freemont dank der Geländegängikeit und seinen Ausmassen tollste Urlaube.  Vor zwei Jahren machten wir zu sechst (im Freemont gibt’s Platz für bis zu sieben Personen) total bequem die Reise in die Abruzzen.   Und während den Familienferein in Frankreich, Kroatien und auf Sardinien fanden wir stets den Weg bzw. die Sandpiste zu entlegensten Buchten und Stränden. Als wirklich sinnvoll finde ich für so lange Fahrten die Funktion des cruise control. Das vermisse ich an meinem „Rutscherle“. In den Peugeot bin ich verliebt. Schon beim Besuch im Autohaus hat er mich überzeugt. Nun fahren wir ihn seit zehn Monaten und er gehört zu meinen Lieblingen… Tolle Linien, tolle Innenausstattung, zuverlässlicher Fahr- und Parkassistent und (für uns 5 extrem wichtig) die Kids schätzen es sehr, dass jeder der drei Rücksitze einzeln verstellbar ist. Unsere Route an Ostern, Monza-Schwabenland-Monza-Ligurien, verlief u.a. so gut, weil der Wagen komfortabel ist. Vier Stunden durchfahren sind problemlos aushaltbar. Aussderdem gibt es ein kleines Detail, das ich persönlich sehr ulkig-originell finde. Unterm Bildschirm befinden sich Schaltertasten, die wie ein Musikinstrument gestylt sind.

Wie gesagt, mein Herz hängt aber am Punto. Klein, wendig, ausreichend schnell (Tempolimit in Italien beachten!), übersichtlich, sparsam (na ja, relativ, bei den Superbenzinkosten hier in Italien), unkaputtbar. Das liegt vielleicht auch daran, weil ich ihn sehr sorgfältig hege und pflege und warten lasse.

edf Ich bin auch ein bissle stolz auf mich, weil ich alles, von Abgasuntersuchung, Reifenkauf und -wechsel, Steuer und Versicherung,  alles persönlich organisiere oder eben, je nach Poblem, meinen ‚meccanico‘, ‚carozziere‘ oder ‚elettrauto‘ kontaktiere. Also, der Mann fummelt hier nicht rum! Normalerweise brauche ich Pünktchen für den wöchtenlichen Grosseinkauf, um zur Arbeit zu fahren, für elterliche Taxidienste; aber einmal im Jahr fahre ich mit dem Autole im Sommer ins Schwabenland  und mache dort mit den Kids Urlaub bei Oma und Opa und anderen lieben Menschen, Ausserdem war Pünktchen schon auf Sardinien und in Ligurien unterwegs. Ich komme überall dorthin, wo ich hin will. Ach ja, selbstverständlich habe ich einen Navi – ratet mal, wie kann’s auch anders sein- einen sieben Jahre alten Navi im Handschuhfach. Wobei an dieser Stelle mein bester Copilot erwähnt werden muss: der Sohn. Ein ruhiger Mensch, der den Überblick behalten kann und ein Gespür für Strassen und Richtungen hat. Der Gute ist zu einem zwei-Meter-Mann herangewachsen, passt gerade mal so in das kleine Auto, muss den Sitz dermassen nach hinten schieben, dass er aus dem hinteren Fenster schaut.

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Der Punto eignet sich in folgenden Kombinationen: ich und der Grosseinkauf im vollen Kofferraum; ich und meine Arbeitstasche und viel Spielraum;  ich und alle drei Kinder, Picknick und Gepäck mit null Atemluft (früher: ich und zwei Kinder, ein Buggy und ein Kinderrad und Atemluft); der Sohn,  seine Klassenkameradin und zwei Schultaschen im Falle von Streik des ÖPNVs oder Regenwetter (mehr Leute gehen bei schlechtem Wetter nicht, die Belüftung kommt nicht nach); ich und die mittlere Tochter,  ihre drei besten Freundinnen plus Schultaschen und Turnbeutel, ich und die Kleinste und drei  bis vier ihrer Freundinnen; ich und die Kleinste und ihr Skateboardequipment; ich und unser Kaninchen in der Transportbox; ich, meine Freundin Ica und unser Yogazeug; ich, meine Freundin Chrissi, meine drei Kids und Badesachen, seltenst ich und mein Mann  auf dem Beifahrersitz… die absurdeste „Bestückung“ ergab sich während der Jungfernfahrt, im April 2005, nach Sardinien. Ich, mein Mann, zwei Kinder mit Kindersitzen, das  Gepäck, ein Buggy mit Trittbrett und ein elektrischer Heizkörper. Aus dem einfachen Grunde, da es in dem Ferienappartement keine Heizung gab und es saukalt war.

Ich kenne nur eine einzige Grenze: die Innenstadt von Milano. Nur wenige Male war ich in die City gefahren und ich bin heilfroh, dass mir die  ’neuen‘ verkehrsberuhigten- und Umweltzonen verbieten, mit dem Punto ins Zentrum zu gelangen. Auf den Strassen in Mailand bekomme ich Panik, auch nach Jahren kann ich mich sehr schlecht orientieren – da darf dann Mann mit seinen moderen Wagen fahren.

Mein Traum ist es, den Punto noch lange fahren zu können. Ich habe mich schon informiert, vielleicht wird er ja in vier oder fünf Jahren ein Oldtimer. Ich könnte ihn jetzt schon in eine Art Warteliste eintragen lassen.

Und unsere nächste Fahrt? An Pfingsten, nach Deutschland.

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P.S.: ich habe meinen post gerade noch so fertig gebracht, bis 30.4.19 geht die blogparade noch… wer kennt noch nette auto-biografien?

Ulbarbs Deutschland (oder ‚Ziehen Sie eine Ereginiskarte!)

OMG!

der herbst ist da, aber immer noch nicht der beitrag meiner sommerferien in deutschland.

kleine entschuldigung: ich habe einen ähnlichen text in italienischer sprache abgefasst.

nun aber mal los:

einpacken, den ehemann und papa abknutschen, losfahren…

… und dann, nach etwas mehr als nur 400 kilometern war italien ganz weit weg und ich fand mich  in good old germania wieder.

mit meinem vollbepackten uraltfiat benötigten wir diesmal fast sieben stunden für die anreise. nicht nur, weil mein auto so langsam fährt, es gab halt mal wieder stau an der grenze und vorm gotthardtunnel. als binationaler pendler weiß man so was,  stellt sich darauf ein und wenn man das ziel erreicht hat, ist die freude noch grösser.

„omaaaa, wir sind daaaa,“ schallte es durch die ganze kleinstadtstraße, als ich den wagen in der garagenzufahrt meiner eltern parkte. dann atmeten meine bambini die luft tief  und genüsslich ein; ihrer meinung nach riecht die schwäbische landluft nach gülle und kartoffelsalat. recht haben sie!

und, was macht ulbarb so, wenn sie ‚dahoim‘  ist? sie klappert ihre privaten lieblingsorte ab, besucht freundinnen und probiert auch mal neues aus (beispiel der europapark-besuch). dementsprechend viele autokilometer fährt ulbarb ab, insgesamt ist sie dieses  jahr auf knapp 2000 gekommen.

um euch zu beweisen, dass ich ein landei bin und wir somit voll auf dem land geurlaubt haben, müsst ihr nur die folgenden namen lesen, die zu meinem üblichen bewegungsradius gehören,  und sie euch bildlich vorstellen: da gibt’s die wohnsiedlungen kälberrain und langwiesen, die orte albstadt, aufkirch, endingen, himmelreich (nach dem höllental), hausen vorm wald, talheim, mühlhausen,  schömberg, weilersbach und sogar eine freizeitanlage mit dem namen ‚kuhloch‘ .

einzelne stationen unter anderem waren: das schützenfest in biberach, das spaichinger freibad, die villinger altstadt, überlingen am bodensee…

ganz aussergewöhnlich war eine wanderung  mit klaus alias reticulum   auf der alb. seit jahren schreiben wir beim frapalymo mit und hatten nun die gelegenheit,  uns persönlich kennenzulernen. wie ihr euch wohl vorstellen könnt, ein ausflug mit viel emotionen und tiefgang.

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entlang des albtraufs und blick auf die ‚hohenzollern‘

dass ich tagsdrauf auch noch  zwei meiner ’schreibweiber‘ in konstanz wiedertraf, eins davon ist https://www.schreib-t-raum.de/ bzw. schreibtraum, machte mein persönliches glück perfekt.

es fand sich auch zeit, den kindern einen einblick in die vergangenheit ihrer mutter zu zeigen. wir fuhren nach ravensburg, dort habe ich mal  gewohnt und berufspraktika absolviert. komischerweise kam mir alles viel kleiner und beschaulicher vor. und der typische, deutsche, kalte regen verhunzte uns auch noch den besuch des lokalen naturseefreibades. aber nicht nur von mir konnte ich berichten (wo ich arbeitete,  in welche  kneipen ich ging, dass ich an der vhs italienisch-sprachkurse belegte), sondern auch von dem ‚papà‘, der  mich damals, sobald er die gelegenheit hatte, mich besuchen kam. er hatte seinen ersten job, sein erstes auto und fuhr freitags nachmittags los, kam um mitternacht an und blieb bis sonntag in der früh)

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dann ließ ich die kleine und den grossen bei meinen eltern und fuhr mit der mittleren nach berlin. das war sozusagen eine ‚aufregende belohnung‘, die gute hatte im juni die mittelschule erfolgreich abgeschlossen.

jedes meiner kinder hat einen eigenen zugang zu deutschland. alle lieben die tatsache, dass sie zwei kulturen in sich tragen. sie versuchen sich, in der zweiten muttersprache, also meine, auszudrücken, genießen, im vergleich zu ihren freunden und klassenkameraden, diese art ’sonderstaus‘.  sie finden es cool, dass sie eine ‚mama‘ haben und nicht eine ‚mamma‘.

die mittlere tochter ist unser ‚käpsele‘. während einer spree-fahrt suchte sie sich ganz bewusst den audioguide in deutscher sprache aus und  einen tag später verbrachte sie viereinhalb stunden in der ‚antiken sammlung‘, um sich auf den besuch des ‚ginnasio classico‘ vorzubereiten.  so manch‘ andere 14jährige hätte sich für ein alternativprogramm entschieden. dann hat sie diese nachdenkliche seite; mit sich im unseins,  sinnierte sie lange darüber nach, ob sie sich mehr italien oder deutschland zugehörig fühle. ihr fazit: eine wortneuschöpfung.  sie sei eben ‚ausheimisch‘. wie ich sie kenne, diese zerrissenheit!

die kleinere tochter ist eher praktisch veranlagt. sie will, sobald sie alt genug sein wird, beim tierschutzverein mithelfen und später zoologin werden. in italien leben wir sehr städtisch. hier liebt sie es, so schnell draussen in der natur sein zu können. klaus erfand den passenden  spitznamen ‚hennenflüsterin‘.  (ja, ich weiss, auf dem unteren foto ist aber ein reh abgebildet!)

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der große lernt deutsch an der schule und die ferien machten ihm ‚feldforschungen‘ möglich. während er fern sah, kommentierte er :“in deutschland geht’s in der werbung hauptsächlich um bier, in italien um damenbinden!“ beim monopoly-spielen konnte er seinen wortschatz  erweitern: schönheitswettbewerb, kreuzworträtsel, strassenausbesserungsarbeiten. er wird die vokabeln bestimmt in seine b2-prüfung einbauen, gell?

ich habe auch mal eine ereigniskarte gezogen, die da lautete: „wandere nach italien aus, um mit deinem herzmann glücklich zu werden. vergiss aber weder deine wurzeln noch deine familie und freunde. ziehe an der grenze kein geld ein und suche das nächstliegende ‚commissariato‘ auf, um die aufenthaltsgenehmigung zu beantrage. begebe  dich nicht direkt nach monza, sondern verweile einige monate in torino. gebäre drei kinder, mache dich selbstständig und bewältige das leben mit geduld und spucke!“

 

ulbarb, ihr auto und the italian way of driving

hach, der herbst ist da und der sommer archiviert.

eine der schönsten erinnerungen an diese zeit ist mein schwarzwaldausflug mit meinen beiden mädels: über schleichwege ins gutachtal, eine ausgiebige runde durch einen barfußpark (so was gib’t halt nicht in italien, weil die leute hier  so schrecklich zimperlich sind , sprich schizzinosi) und dann noch zum titisee, dort baden gehen und schwimmbad-pommes essen.

und wie bin ich dorthin gekommen? mit meinem fiat.

wollen wir heute uralte vorurteile aus dem weg räumen:

ich fahre einen fiat punto und schon zu zeiten als ich ein kind war, kursierte folgender spruch: fiat gleich fehler in allen teilen.

nichts ist wahr. bei meinem auto handelt es sich um ein modell aus dem jahr 1999 und ich bin immer dort angekommen, wo ich hin wollte. ich hatte nie große probleme; ich bzw. mein wagen wird liebevoll von einem mechaniker gewartet und bisher flutschte er durch den tüv und die abgaskontrollen nur so durch. mein auto hat vier räder, drei türen, keine klimaanlage, ein herausnehmbares radio mit kasettendeck, das meine bänder aus den achtzigerjahren abspulen kann („kein BAP mehr, bitte, mamma!“), elektrische fensterheber und ein paar aufkleber. mein auto und ich sind ein eingefleischtes paar, das die bewältigung der alltagsstrecken (wohnhaus, schulen, arbeit, sportvereine, supermarkt) zackig schafft, aber wir sind auch nach sardinien, nach ligurien, nach deutschland und nach mailand gekommen. ich behaupte mal, dass ich eine recht gute autofahrerin bin, jedoch löst die aufgabe ’nach mailand reinfahren‘ panik aus. gott sei dank gibt es diese neumodischen umweltzonen und der punto und ich dürfen altersbedingt da nicht mehr rein- bzw. durchfahren.

nach deutschland fahren ist ein klacks! ich brauche aufgepumpte reifen, proviant, gute musik („jetzt reicht’s aber mit mike oldfield, mamma, echt!“), verkehrsapps auf dem handy, geduld und etwa sechs stunden. die kids müssen sich nur an eine einzige regel halten („klappe zu, okay!?!“). ich bin wohl so eine art mischung aus abenteuerlustig und naiv  (oder lebensmüde?), denn auch diesen sommer fuhr ich mit den kids hoch. mit voll beladenen kofferraum komme ich mit einer durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h die straße zum gotthardtunnel hoch. den san bernardino nehme ich nur als ausweichstrecke, falls es stau am gotthard gibt (bin ich eventuell sogar der grund?) und dann auch nur auf der nord-süd-achse.  sonst wird es kritisch…

ich brauch‘ auch keinen navi mehr, nach jahrelangem pendeln ist der zu einer art dekorationsgegenstand geworden. und wenn ich dann nach schaffhausen die a81 hochfahre, bin ich sowieso ‚dahoim‘.

zu meinem punto, mein erstes auto übrigens, kam ich, als ich mitte dreißig war und schon in italien lebte. d.h. ich habe zwar einen deutschen rosa lappen, fahre aber auf italienische art und weise.

und so räumen wir doch gleich mal vorurteil nr. 2 aus dem weg:

italiener sind keine schlechten oder chaotischen autofahrer. sie sind einfallsreich, dreist, flink und äusserst phantasiebegabt.

hier ein kleines beispiel: so sah es anfang diesen jahres an einem verregneten samstagmorgen  auf dem schulhof meines sohnes aus. genial, oder?!?

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man kann die italiani mit spitzbuben à la tom sawyer vergleichen, die aus spaß an der freude versuchen, regeln zu umgehen bzw. zu überschreiten. sie fahren schnell und wendig und  ich als ‚auswärtige‘ muss halt einfach mitmachen, ein stoßgebet sprechen – augen zu und durch- und fein kontrollieren, dass hupe, fern – bzw. abblendlicht und  warnblinker fehlerfrei funktionieren.

ach ja, und am besten nicht als radfahrer, kinderwagenpassagier oder fussgänger am verkehr teilnehmen. risiko pur. wäre ich verkehrsministerin, würde ich alle zebrastreifen knallbunt anmalen, flutlichter aufstellen  und den bürgern gratis nagelsperren verteilen; diese könnten sie dann beim überqueren der strasse links und rechts neben sich auswerfen und die gefahr,  gnadenlos überfahren zu werden, wäre gebannt.

(ich brauche keine nagelsperre, ich habe einen zwei meter großen gentleman als mann. sind wir 5 zusammen unterwegs, wirft sich dieser, tapfer und mit den armen rudernd, auf die strasse und lotst uns von einer strassenseite zur anderen.)

die zwei hindernisse,  um hier als  autofahrerin glücklich zu werden, bestehen in der  kriminalität und  – dieses ewige herumgehupe!!!

punkt eins: mir ist der punto zweimal aufgebrochen worden und ich wurde an einem samstagnachmittag, kurz vor weihnachten, in der tiefgarage eines supermarktes beim verladen von baby und diversen einkaufstüten ausgeraubt: handtasche und mehr als 70 euro einkauf weg!

punkt zwei: tagtäglich werde ich, weil ich versuche, mich an die stvo zu halten, gedrängelt oder ausgelacht, ähem, ausgehupt. am liebsten würde ich mitten auf der strasse anhalten, aussteigen und den hintermann zur schnecke machen.  einmal habe ich das getan: ich war relativ neu in dem dorf, in dem ich jetzt wohne, hatte meine drei dabei und hielt an einem stop-schild an, um in eine stark befahrene durchgangsstrasse einzubiegen. und schon ging die huperei los! ich traute meinen augen nicht, denn im rückspiegel erblickte ich einen krankenwagen (ohne blaulicht) und einen wild herumfuchtelnden fahrer. ich zog die handbremse, stieg aus, plusterte mich auf und schimpfte los: „was bilden sie sich denn ein, soll ich wegen ihnen hier einen unfall bauen, mit kleinen kindern, schön dramatisch, damit sie uns dann vom asphalt kratzen und ins krankenhaus bringen können?! seien sie doch froh, eine leerfahrt zu haben!“

hach, der herbst ist da und der winter kommt bestimmt.

ich wünsch mir viel schnee, denn dann will niemand hier autofahren und die strassen sind so unschuldig weiß! schließlich habe ich meine patente  im febraur in schwäbisch-sibirien gemacht. euch werd‘ ich’s noch zeigen!