Ui, jetzt wurde es mal wieder mehr als Zeit, das Blog zu pflegen. Kein Moment war günstiger als dieser: die Sommerferien sind aus und vorbei, die Schule hat begonnen und somit auch ein neues Geschäftsjahr für mich. Jedoch bietet der Monat September auch Ruhe und Freizeit. Ach ja, und ausserdem trudelte letztens eine Meldung ein, dass das Blog seinen 5. Geburtstag habe…da bekam ich ein schlechtes Gewissen.
Kleine Situationsanalyse: Während der Sommerferien habe ich viel getwittert. Es war eine reiche Zeit. Die drei Kinder sind im Schulalltag angekommen und übermorgen geht meine dritte Arbeitswoche zu Ende.
Ich wollte euch schon lange mal etwas über meine Arbeit erzählen. Wie verdiene ich meine Brötchen, sprich panini ? In einem meiner letzten Beiträge (the mystery award) berichtete ich, dass ich Probleme mit der Anerkennung meines Diploms gehabt hatte und bin als Quereinsteigerin zum Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht gekommen. Inzwischen bastele ich an einer Ich-AG, die langsam am wachsen ist – je nach Vereinbarkeit mit der Familie. Das Thema Vor- und Nachteile der Selbstständigkeit will ich schnell abhaken: Viel Geld bleibt nicht übrig, aber ich habe meinen Spass. Die Arbeitszeiten sind sehr flexibel, die Konditionen prekär, die Auftragslage schwankend. Trotzdem: mein Job bereichert mich, ich bekomme viel von den Menschen zurück und ich kann dankbar dafür sein, einer Arbeit nachzugehen, die Freude bereitet.
Meistens arbeite ich direkt mit Firmen zusammen, ich gebe in den Büros Kurse für Angestellte diverser Abteilungen (Buchhaltung und Rechnungswesen, Kundendienst, Logistik und Spedition, Marketing und Messe) und ich habe auch oft direkt mit der Firmenleitung zu tun. So darf ich in tiefen Ledersesseln Platz nehmen und bekomme von AssistentInnen einen espresso serviert. Dann folgen die ‚klassischen‘ Sprachkurse an einer Sprachschule, die sind manchmal zermürbend, weil sie abends laufen und man immer wieder von Null beginnt. Ich versuche, abwechslungsreich, spielerisch und trotzdem professionell zu sein. Es folgen Aufträge an den Schulen: Förder- und Konversationskurse, oft von der EU finanziert. Das macht mir Spass; ich werde von den Jugendlichen respektvoll ‚Prof‘ genannt, kann mir aber einen sehr lockeren Umgang erlauben (ich muss ja keine Noten geben), was automatisch die Angst vor der schwierigen Grammatik und die Hemmungen vor dem freien Sprechen nimmt. Selten kommen Übersetzungen oder Dolmetschdienste rein. Das coolste Erlebnis war, als das hiesige Gericht mich dazu ernannte, eine deutsch-italienische Steuerfahndergruppe zu begleiten.
Ich denke, dass ich meine Arbeit ganz gut mache, dass ich nach fast 20 Jahren Berufserfahrung kompetent bin und da jeder Kunde neue Inhalte mitbringt, im Laufe der Jahre sehr offen geworden bzw. geblieben bin. Monotonie kommt selten auf. Sollte ich jedoch meinen Erfolg an den lustigen Versprechern meiner Kundschaft messen, kommen jedoch Zweifel auf. Einer meiner Sprachschüler, wichtiger country manager und ein bisschen großspurig veranlagt, empfing mich kürzlich ganz glücklich in seinem Büro und erzählte strahlend: er habe seine Frau auf eine Geschäftsreise mitgenommen und sie hätten einen Abstecher in den Schwarzwald gemacht, wo sie die ‚besten Brautwürste ever‘ gegessen hätten. Da musste ich auflachen und erwiderte:“Ach, Sie meinen wohl Bratwürste.“ Vor den Sommerferien begleitete ich eine Studentin, die sich auf ein Diplom in Deutsch vorbereitete. Die Gute musste u.a. Zeitungsartikel zusammenfassen. Einmal ging es um den Sinn und Zweck der im Trend liegenden Kochshows. Grammatik und Satzbau beherrschte sie sehr gut, aber der Unterschied zwischen Hobbykoch und Hobbyküche kam ihr nicht sofort in den Sinn. Aber meine liebe S. war auch nicht schlecht. Die Dame ist knapp über 50 arbeitet in einer multinationalen Firma und kommt einmal pro Woche zu mir, um ihre schon recht guten Sprachkenntnisse zu vertiefen. In ihrem Job geht sie wohl voll auf. Woran ich das merke? Wenn es regnet, hat sie nie ihren Regenschirm, sondern ihren Bildschirm dabei. Unterhaltsam war auch der Satz in einem schriftlichen Test: “Wenn der Kühlschrank leer ist, gehe ich Bücher einkaufen:“
Jetzt will ich ja nu mal nicht so sein und mich als unfehlbar darstellen. Auch ich verhaspele mich manchmal. „Modalverben“ wurden zu „verbi merdali“, also zu „Scheißverben“; ich taue nicht das Gefrierfach ab (sbrinare) , sondern ich „zerfleische“ es (sbranare) oder nach einer langen Autofahrt vertrete ich mir nicht die Beine (sgranchirsi), ich knabbere sie (sgranocchiare). Wusstet Ihr, dass ich stinke? Nach Fisch stinke? Seit ich in Italien lebe, habe ich mich an Vieles angepasst; so auch an die schicke Mode/Wäsche. Mein Problem? Ich trage BHs aus „merluzzo“ statt „merletto“. Merluzzo bedeutet Kabeljau.